Technik

Physiker erzielen Laserpuls-Rekord

Gepulster Scheibenlaser erreicht gut 100 Megawatt Spitzenleistung

Scheibenlaser
Blick ins Innere des Rekordlasers: Zu sehen ist die runde Verstärkerscheibe (Mitte), die mehrmals vom Laserstrahl durchlaufen wird. © Moritz Seidel / ETH Zürich

Neuer Rekord: Physiker haben einen Laser entwickelt, der die bisher stärksten ultrakurzen Laserpulse erzeugen kann – seine Leistung übertrifft den bisherigen Rekord um rund 50 Prozent. Der neuartige Laseroszillator erreicht Spitzenleistungen von 100 Megawatt bei regelmäßigen Pulsraten von 5,5 Megahertz, wie das Team berichtet. Das Besondere zudem: Die hohe Pulsleistung wird nicht durch nachträgliche Verstärkung erreicht, sondern durch Komponenten im Laser selbst.

Ob an der Supermarktkasse, im Quantenlabor oder in der Industrie: Laser sind heute fast allgegenwärtig und unverzichtbar. Sie übertragen und kodieren Daten in der Photonik, dienen als Zeitmesser in Atomuhren, als Käfig für Atome oder auch als leistungsstarke Schneid- und Bohrwerkzeuge. Ultrakurze Laserpulse spielen dabei eine besonders wichtige Rolle. Doch viele Pulslaser erreichen im Femto- oder Attosekundenbereich nur eine begrenzte Leistung.

Laserapparatur
Die ganze Apparatur im Überblick: In der Bildmitte ist der Laser zu sehen, im Vordergrund sind Linsen und Spiegel aufgebaut, welche den Laserstrahl spiegeln und umleiten. © Moritz Seidel / ETH Zürich

Das Problem der Verstärkung

Der Grund: Um Laserpulse trotz ihrer kurzen Dauer auf hohe Intensität zu bringen, ist eine sogenannte Moden- oder Phasenkopplung nötig. Dabei werden die im Lasermedium erzeugten stehenden Lichtwellen, die sogenannten Moden, so miteinander kombiniert, dass sich die Wellenberge in bestimmten zeitlichen Abständen gegenseitig verstärken. Bisher geschieht dies oft nachträglich, außerhalb des Laser-Oszillators. Dadurch kommt es aber auch zu verstärkten Leistungsschwankungen, was vor allem bei Präzisionsmessungen problematisch ist.

Eine Alternative haben jetzt Moritz Seidel und seine Kollegen von der ETH Zürich entwickelt. Basis dafür ist ein sogenannter kurzgepulster Scheibenlaser, bei dem das Lasermedium aus einer nur 100 Mikrometer dünnen Scheibe eines Ytterbium-Aluminium-Granat-Kristalls (Yb:YAG) besteht. Diese Scheibe ist auf einer Seite verspiegelt und dient damit als Photonenquelle und Spiegel zugleich. Typischerweise wird die Strahlung mehrfach durch diese Scheibe geleitet, um die Lichtleistung zu verstärken.

Ein SESAM-Spiegel mit Saphir-Fenster

Für ihren neuen Hochleistungs-Pulslaser haben die Forschenden den Scheibenlaser um zwei Neuerungen erweitert. Zum einen ergänzten sie eine spezielle Anordnung von Spiegeln, durch die das Licht häufiger als zuvor durch die Scheibe geleitet wird. „Diese Anordnung erlaubt es uns, das Licht extrem zu verstärken, ohne dass der Laser instabil wird“, erklärt Seidel.

Die zweite Neuerung ist der sogenannte Semiconductor Saturable Absorber Mirror (SESAM). Dieser Spiegel aus ultradünnen Schichten mit verschiedenen Brechungsindizes reflektiert das auf ihn treffende Licht selektiv: Je stärker die Intensität, desto effizienter reflektiert der Spiegel. Laserlicht geringer Intensität wird hingegen geschluckt. Dadurch geht der Laser automatisch in einen gepulsten Zustand über. Diesen schon länger eingesetzten SESAM-Spiegel haben Seidel und seine Kollegen nun um ein dünnes Fenster aus Saphir auf der Halbleiterschicht ergänzt.

Rekordwerte bei Leistung und Pulsenergie

Beides zusammen bewirkt, dass der neue Pulslaser eine höhere Leistung erreicht als andere vor ihm: „Der Oszillator erzeugt 103 Megawatt Spitzenleistung und eine Energie der Einzelpulse von 100 Mikrojoule“, berichten die Physiker. Diese Pulse seien die stärksten, die je in einem Laser-Oszillator ohne nachträgliche Verstärkung erzeugt wurden. Mit bis zu 550 Watt mittlerer Leistung überbietet dieser Pulslaser zudem den bisherigen Höchstwert um mehr als 50 Prozent.

„Pulse mit ähnlich hohen Leistungen konnte man bisher nur erzeugen, indem man schwächere Laserpulse durch mehrere separate Verstärker außerhalb des Lasers schickte“, erklärt Seidel. Trotz der hohen Leistung kann der neue Laser die nur wenige Pikosekunden langen Pulse mit hoher Geschwindigkeit produzieren: Sie verlassen den Laser mit der hohen Rate von fünf Millionen Pulsen pro Sekunde und schwanken weniger als nachträglich verstärkte Laserpulse.

Vielseitige Anwendungen

Nach Ansicht der Physiker könnten die Hochleistungs-Pulse dazu beitragen, zahlreiche Anwendungen zu optimieren, darunter Präzisionsmessungen oder die Materialbearbeitung. Auch Laser-Frequenzkämme im energiereichen UV- und Röntgenbereich könnten solche Laserpulse als Basis nutzen. Sie werden unter anderem in optischen Atomuhren und extrem hochauflösenden Lasersensoren eingesetzt. „Ein Traum wäre es, wenn wir mit solchen extrem präzisen Uhren einmal messen könnten, dass die Naturkonstanten doch nicht konstant sind“, sagt Seniorautorin Ursula Keller von der ETH.

„Insgesamt kann man sagen, dass wir mit unserem gepulsten Laser zeigen, dass Laser-Oszillatoren eine gute Alternative zu Lasersystemen mit Verstärkern sind und neue und bessere Messungen ermöglichen“, sagt Keller. (Optica, 2024; doi: 10.1364/OPTICA.529185)

Quelle: Optica, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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